Etwas über das Eifeler Platt zu schreiben ist riskanter, als man zunächst annimmt. Man begibt sich auf dünnes Eis. Warum? Weil diese im Alltag hin und wieder zu hörende Sprache zwischen Aachen und Köln, Düren und Koblenz so unterschiedlich ist.
Die Eifeler sind bekanntlich eigen. Das ehrliche Hügelvolk (Bergvolk wäre auf das Landschaftsrelief bezogen etwas übertrieben) ist wie alle Landsmannschaften und Kulturen auf seine Identität bedacht – und die wird auch in der Nordeifel zu einem großen Teil über die eigene Sprache definiert.
Dabei muss man zunächst bei der Betrachtung des Eifeler Platts das Ripuarische der Nordeifel (Teil der Dialekte um Köln und Aachen) von dem Moselfränkischen der Südeifel (wie Dialekte im Saarland, Lothringen und das Lëtzebuergesch) unterscheiden. Diese Trennung ist die deutlichste, dazwischen gibt es aber ganz viele kleine Unterschiede, die man von Dort zu Dorf merkt (vun Dörp zo Dörp).
Kölsch, der große Bruder des Eifeler Platt
Wie so viele Dialekte litt das Eifeler Platt früher bis ins letzte Jahrhundert hinein unter dem Ruf die Sprache der armen Landbevölkerung zu sein. Hochdeutsch zu sprechen galt als kultiviert und edel, Platt dagegen als vulgär und einfach. Diese Einstellung zum Dialekt hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt.
Trotz dem besserem Image ist die Verwendung im Alltag meist rückläufig. Dies hat viele Gründe, u.a. hat es durch die höhere Flexibilität innerhalb Deutschlands in vielen kleinen Eifelorten einen nennenswerten Zuzug von Sprechern nicht-ripuarischer Dialekte gegeben – ganz gleich ob aus anderen Landesteilen Deutschlands oder aus dem Ausland.
Im Rheinischen Raum mit dem die Nordeifeler Platt-Dialekte über den ripuarischen Zweig verbandelt sind, profitiert das Platt jedoch von dem starken Kölsch (Kölsche Sproch), der Sprache von Köln (Kölle, Colonia), die deutschlandweit alleine schon durch den Kölschen Fastelovend (Karneval) bekannt und beliebt ist. Und dabei beweist sich jedes Jahr, dass die beste Exportvariante von Sprache und Dialekten immer noch die gesungenen Form ist. Kölsche Ohrwürmer von den Bläck Fööss (nackte Füße), den Höhnern (Hühnern), den Paveiern (Pflasterleger) oder Kasalla (Ärger, Krawall) sind für den Erfolg des Kölschen ohne Zweifel ein Hauptgrund.
Und auch die vielen Fastelovendsjecke, die in de Bütt jonn (also Karnevalsfreunde, die einen Büttenrede halten), tragen zum Erhalt des rheinisch-ripuarischen Platts bei. Die Kölschen lieben zu Recht ihre Sprache, in diesem Zusammenhang wird auch ein Kölsches Wörterbuch von der Akademie för uns Kölsche Sproch gepflegt.
Dabei muss man noch nicht einmal zwangsläufig Karnevalsfan sein, denn es gibt natürlich auch den Kölsch Rock mit Bands wie BAP oder Brings. Bei aller Dominanz des Karnevals und des Kölschen, natürlich wird auch auf den Schützenfesten, Maifesten oder den lokalen Kirmesveranstaltungen der Eifel oft noch Platt von den Vortragenden oder auch zwischen den Besuchern untereinander gesprochen.
Dialekte gelten heute als wichtiges Kulturmerkmal und als Spiegelbild der Geschichte einer Region. Lange Zeit war in der Vergangenheit das Rheinland von Frankreich besetzt. So hat sowohl das Kölsche als auch das Eifeler Platt einige Wörter aus dem Französischen übernommen wie etwa die Pänz (Kinder), der Troddewaar (Bürgersteig), das Plümmo (Bettdecke) oder das Kötten (Betteln). Man kann außerdem etwas mit Plaisier (Vergnügen) machen oder zackzack „us der Lamäng“.
Platt, Regiolekt und Umgangssprache
Der Erfolg des Kölschen ist allerdings auch ein wenig das Leid des Eifeler Platt. Denn dadurch stehen die lokalen Eifeler Dialekte natürlich im Schatten dieses „großen Dialekts“, und so manches Wort aus dem Kölschen ersetzt dann heimlich quasi „hingeneröm“ den eigentlich lokalen Begriff.
Nun könnte man als Eifeler natürlich sagen, besser Kölsch wie Hochdeutsch. Das stimmt natürlich, der rheinische Dialekt bleibt so auf jeden Fall erhalten. Oft entsteht dabei der Rheinische Regiolekt, das Schreckgespenst sprachlicher Puristen in der Eifel. Und dann gibt es natürlich auch noch das zweite Schreckgespennst, die Umgangssprache. Das was fälschlicherweise als Eifeler Platt angesehen wird, wie etwa die „Hos“ statt die „Botz“ oder die „Zwiebl“ statt die „Öllech“ (bzw. Ölleg) us Zöllech (aus Zülpich).
Aber die Eifeler emanzipieren sich gegenüber den Kölnern durchaus. Neben den kölschen Mundartgruppen gibt es zum Glück auch die kleine aber feine Gruppe der Eifeler Mundartengruppen wie etwa Wibbelstetz (wörtlich: Wackelschwanz, steht für unruhiges Kind) mit dem Sänger Günter Hochgürtel, die besonders in Mechernich und dem übrigen Kreis Euskirchen viele Fans hat.
Und es gibt auch einige Autoren wie etwa Manfred Lang, die einige spannende Lektüren zum Eifeler Platt herausgebracht haben (z.B. Platt öss prima!).
Aber bei aller Abgrenzung der Dialekte steht außer Frage: Eifeler und Kölner sind schon Fründe (Freunde). Die Farben Rot-Weiß (Rud un Wieß) und der 1. FC Köln (de Effzeh) sind auch hier fest im Hätze verankert. Wem geht hier nicht auch das Herz auf, wenn die FC-Hymne „Rud un Wieß“ der Bläck Fööss erklingt. Auch wenn der echte Nordeifeler lieber seine Pils trinkt, als ein Kölschbier. Der Kölner ist beim Thema Eifel sowieso wie so oft großzügig, für ihn fängt sie schon ab Frechen an. Aber das ist ein anderes Thema.
Natürlich wird ein Eifeler Pendler oder „Imi“ in Kölle schnell erkannt (Dabei steht „Imi“ übrigens nicht für Immigrant, sondern für den Kölsch-Imitierenden). Das fängt schon beim kleinen Wort „nicht“ an, dass der Eifeler als „net“ und der Kölsche als „nit“ ausspricht. Wirkliche Verständigungsprobleme haben aber die Nordeifeler mit den Kölnern nicht. Im Gegenteil, auch hier sagte man „Alaaf“ und steht damit nach Kölner Ansicht auf der guten Seite der Macht.
Zwischen Kölsch, Umgangssprache und Regiolekt ist das Leben des Eifeler Platts sicher kein einfaches. Nichts für schwache Nerven bzw. Nühs för schwaache Nerve!